Freitag, 13. Juli 2007

Kreationismus und Intelligent Design - Eine unwesentliche Meinung

Was ein Mensch glaubt oder nicht glaubt, ist allein seine Angelegenheit. Ob man glaubt, die wahren Intelligenzen dieses Universums seien weiße Mäuse oder die Erde sei erst 6000 Jahre alt, ist dabei völlig gleichgültig. Solange der Glaube dort bleibt, wo er hingehört, nämlich im spirituellen Kosmos des Seins, kann er dem Glaubenden durchaus von Nutzen sein. Doch hält der Glaube Einzug in die Naturwissenschaft, wird der Fortschritt zum Rückschritt. Hält der Glaube Einzug in die Politik, geht ein Staat in großen Schritten auf den Fundamentalismus zu und damit zurück ins finsterste Mittelalter.
Gott hat dem Menschen zwei große Geschenke gemacht: Neugier und Intelligenz. Mit diesen Eigenschaften, hat die Menschheit Großes erreicht. Der Mensch ist fähig, seine Umwelt nicht nur zu beeinflussen, sondern aktiv umzugestalten. Dabei macht er nicht alles richtig, besitzt aber die Intelligenz, Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Doch Neugier und Intelligenz sind vom Aussterben bedroht.
Naturwissenschaft beschäftigt sich nicht mit spirituellen Glaubensfragen, sondern versucht unsere Umwelt zu erklären und Naturgesetzte zu ermitteln. Dabei bedient man sich wissenschaftlicher Methoden, die, nach heutigem Wissensstand, zu gesicherten Ergebnissen führen. Es ist durchaus möglich, das zukünftige Wissenschaftler neue Methoden entwickeln, die die heutigen Methoden als ungenau entlarven. Sich hinzustellen und die heutigen Methoden einfach zu negieren, reicht nicht aus! Genauso könnte man sich hinstellen und behaupten, Blätter von Bäumen seien generell blau und "Sehen" sei eine unbrauchbare Methode. Das wäre eine idiotische Behauptung und was fehlt, ist der gesicherte Beweis.
So bezeichnen Kreationisten die Radiocarbonmethode (C-14-Methode) zur Altersbestimmung für Materialien organischen Ursprungs als unbrauchbar, bleiben den wissenschaftlichen Beweis aber schuldig. Ihnen reicht, es zu behaupten. Glaubenstechnisch reicht es aus, aber nicht naturwissenschaftlich.
Für Kreationisten sind die modernen Naturwissenschaften die "Quelle des Materialismus", was bis zu einem gewissen Grad auch stimmt. Doch diese "Quelle des Materialismus" half der Menschheit Krankheiten zu bekämpfen, andere Kulturen kennenzulernen, Wohlstand zu erlangen und das Weltall zu erkunden. Der Hang nach materiellen Dingen ist Bestandteil des menschlichen Seins. Möchte wirklich jemand zurück ins finstere Mittelalter, wo Bildung ausschließlich dem Adel und dem Klerus vorbehalten war? Möchten wir alles abschaffen, was zum modernen Leben gehört? Sollen Menschen wieder an einer Blinddarmentzündung sterben oder durch einen Schienbeinbruch zu Behinderten werden? Wollen wir den Fortschritt abschaffen?
Deutsche sehen Deutschland gern als Land des Fortschrittes und doch gibt es eine Bildungspolitikerin, die die Theorie des "Intelligent Design" in den Biologieunterricht integrieren will. Als nächsten Schritt dann vielleicht zurück zur Inquisition? Selbstverständlich können auch deutsche Kreationisten glauben, was sie wollen. Doch nehmen sie wichtige politische Ämter an, haben sie sich an den Grundsatz der Trennung von Staat und Religion zu halten oder aus der Politik zu verschwinden. Denn bezahlt werden sie aus Steuergeldern. Steuergeldern, deren Höhe sie im Übrigen auch dem Fortschritt, und damit auch den Naturwissenschaften, verdanken. Doch diese Erkenntnis wird durch eine unglaubliche Ignoranz verschleiert. Ignoranz und Glaubenswahn, haben in der Wissenschaft und in unseren Schulen nichts verloren.
So mancher der "göttlichen" Gattung Mensch, hätte wohl besser niemals die Baumwipfel verlassen.
Professoren bekunden offen ihre Anhängerschaft bei Scientology und erklären, wie erquicklich deren Seminare für sie waren. Bildungspolitiker sehen in der Theorie des "Intelligent Design" eine ernstzunehmende Alternative zur Evolutionstheorie. Doch eine muslimische Lehrerin darf kein Kopftuch tragen und christliche Symbole werden aus christlichen Schulzimmern verbannt. Logik verkommt zu einem Glücksspiel. Deutschland - das Land der Dichter und Denker. Die Denker sind uns bereits abhanden gekommen. Den Dichtern wird der aufkommende Fundamentalismus auch noch einen Maulkorb verpassen.
Durch meine Schulzeit wurde ich von einem streitbaren Physiklehrer namens Ulrich Pollak begleitet. Sein "heiliger" Physiksaal durfte nie durch Materialien aus "Lallfächern" (Geisteswissenschaften) entweiht werden. Damals haben wir darüber gelacht, doch heute würde uns das Lachen im Halse stecken bleiben. Und sich vorzustellen, das Herr Pollak physikalische Naturgesetzte anhand von biblischen Wundern negiert, ist unmöglich. Eher würde er seinen Physiksaal zumauern!
Jede Erkenntnis, die ein Mensch erlangt, wirft neue Fragen auf und hat man diese Fragen dann beantwortet und neue Erkenntnis erlangt, werden wieder neue Fragen aufgeworfen. Dies ist ein Forschungsprozess. So manche frühere Erkenntnis, stellt sich im Laufe dieses Forschungsprozesses als falsch heraus. Das ist der Weg der Naturwissenschaft. Der Weg der Intelligenz. Der Motor, ist die Neugier. Halten wir es doch einfach wie Sokrates: "Das Einzige, was ich wirklich weiß, ist, das ich nichts weiß!"
Glaubt, was immer Ihr wollt. Aber hört auf, die menschliche Intelligenz mit Füßen zu treten.